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Uschi DrolcDr. Uschi Drolc † 3.1.1962 – 10.1.2008 Eine begabte, vielseitige, eigenwillige und begeisterte Kollegin hat uns verlassen. Nach schwerer, langer Krankheit ist Uschi Drolc kurz nach ihrem 46. Geburtstag in Bayreuth verstorben.

Ursula Maria Drolc wurde in München geboren und wuchs in Höhenkirchen bei München auf. Nach Vollendung ihrer Gymnasialzeit nahm sie 1982 das Studium der Allgemeinen Sprachwissenschaft, Phonetik und Ethnologie an der Ludwig Maximilians-Universität in München auf. Angeregt durch ihren Lehrer Hans-Jürgen Sasse, der damals in München die Allgemeine Sprachwissenschaft vertrat, entwickelte Uschi sehr früh ein starkes Interesse an den Sprachen Afrikas. Dies führte wenige Jahre später zu einem Wechsel ihres Studienorts. Von 1987 bis 1991 studierte sie an der Universität Bayreuth Afrikanistik, Ethnologie und Germanistik. In dieser Zeit fanden zahlreiche, intensive Reisen nach Kenia und Tansania statt, zum Teil im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Pflanzentaxonomie der Maasai, das von Franz Rottland, ihrem späteren Lehrer, durchgeführt wurde.

Sie beendete ihr Studium mit einer Magisterarbeit zum Thema „Zum Perfekt im Swahili. Theoretische Grundlagen und Corpusanalyse“, die von Professor Rottland betreut wurde. Einzelne Aspekte ihrer Untersuchungen hat sie in mehreren veröffentlichten Aufsätzen vertieft. Die Magisterarbeit gab jedoch nicht nur Anstoß zu den ersten eigenständigen wissenschaftlichen Publikationen, sondern wurde auch als hervorragende Abschlussarbeit mit dem Preis der Stadt Bayreuth ausgezeichnet.

Es folgte ein Promotionsstudium, ebenfalls in Bayreuth, zum Thema „Zur Zweitsprache Swahili“, das Uschi Drolc mit Hilfe eines Stipendiums in Angriff nahm. Sie vollendete eine Reihe von Vorträgen und Publikationen zum Maasai und zur Rolle des Swahili als Zweitsprache bei Maa-sprachigen Gruppen im Rahmen dieses Promotionsprojekts. Nach Beendigung ihres Stipendiums arbeitete Uschi Drolc zunächst als Wissenschaftliche Hilfskraft, danach als Wissenschaftliche Angestellte der Afrikanistik am Lehrstuhl von Franz Rottland an der Bayreuther Universität. Im Jahre 1997 konnte die Dissertation weitgehend abgeschlossen werden. Im Jahre 1999 publizierte sie die Arbeit unter dem Titel „Swahili among the Maasai. On the Interlanguage Swahili of Maa Speakers“. Im gleichen Jahr erscheint „A Linguistic Bibliography of Uganda“, die gemeinsam mit Caroline Frank und Franz Rottland verfasst wurde.

Seit 1998 beschäftigte Uschi Drolc sich intensiv mit den damals wenig erforschten atlantischen Cangin-Sprachen, die sie zu ausgedehnten Feldforschungen in den Senegal führten. Noch in Bayreuth und mit Hilfe eines Postdoktorandinnen-Stipendiums begonnen, wurde die Arbeit im Rahmen des von der DFG geförderten Projekts „Die Cangin-Sprachen: Divergenz und Konvergenz“ unter Leitung von Bernd Heine an der Universität zu Köln fortgesetzt. Das Projekt führte zu neuen Einsichten in morphophonologische Prozesse atlantischer Sprachen und zu einer diachronen Analyse von Kontakterscheinungen im Bereich der zum Teil sehr komplexen Vokalsysteme dieser Sprachen. Durch den intensiven Austausch mit Gerrit Dimmendaal wurde eine historisch-vergleichende monographische Studie des Cangin intensiv vorangetrieben.

Die resultierende umfangreiche vergleichende Untersuchung der Cangin-Gruppe, die faszinierendes Material beinhaltet und deren Fertigstellung die Verfasserin dieser Zeilen das Glück hatte, mitverfolgen zu dürfen, wurde 2005 als Habilitationsschrift an der Universität zu Köln eingereicht. Die venia legendi im Fach Afrikanistik wurde Uschi Drolc im Sommer gleichen Jahres verliehen.

In der kurzen Zeit, die ihr noch vergönnt war, hat sich Uschi Drolc weiter intensiv mit dem Cangin und dem Atlantischen, dem weiterhin ihr großes Interesse galt, befasst. Ein Projekt zur Verbvalenz im Laala, das ebenfalls in Köln angesiedelt war, führte sie mit der gewohnten Gründlichkeit und mit intensiven Feldstudien noch zu Ende. Auf dem Programm eines kleinen, von ihren Freundinnen und Kolleginnen organisierten internationalen Workshops vom September 2007 ist sie noch mit einem Vortrag über das Laala angekündigt. Sie konnte ihn wegen ihrer zu diesem Zeitpunkt erneut ausgebrochenen Krebserkrankung nicht mehr halten, ließ es sich aber nicht nehmen, die Tagung von fern mit großem Interesse zu verfolgen.

Ihre Tapferkeit, aber mehr noch ihre Lebenslust und unerschütterliche Neugier auf alles Ferne machten Uschi Drolc’ faszinierende Persönlichkeit aus. Konventionen und die kleinlichen Ansichten anderer waren ihr unwichtig, wenn es galt, sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Ihre Freundschaften in aller Welt pflegte sie so, wie es wenige vermögen, ohne sich durch kulturelle Unterschiede und schwierige Wege behindert zu fühlen. Ihre persönliche Großzügigkeit und herzliche, uneitle Freundschaft ließen mit Uschi gemeinsam besuchte Konferenzen oder auch die gemeinsam verbrachte Zeit an Feldforschungsorten zu unvergesslichen, schönen Erlebnissen werden. Ihre Reiselust und ihr Vergnügen am Unerwarteten und Sonderlichen, das nicht selten Teil wohlgeplanter Unternehmungen wird, steckten an.

Trotz ihrer schweren Krankheit und auch den Schwierigkeiten, die Teil einer akademischen Laufbahn sein können, hat Uschi Drolc immer den Eindruck vermittelt, ein schönes und selbstbestimmtes glückliches Leben geführt zu haben. Sie war nicht nur eine sehr gute Afrikanistin, sondern auch ein besonderer Mensch, der uns fehlen wird. Uschi Drolc hinterlässt ihren Ehemann und ihre zwei Kinder, denen unser ganzes Mitgefühl gilt.


Köln, im Januar 2008

Anne Storch